Rundbrief Nr. 3 – Herbst 2019
24. September 2019
Liebe Freundinnen und Freunde,
Das war ein internationaler Paukenschlag, der noch länger in den Ohren der Verantwortlichen nachklingen wird. Über 1,4 Millionen Menschen waren am 20. September zum globalen Klimastreik allein in Städten in Deutschland auf der Straße. Eine Woche vorher hatte Sand im Getriebe den Haupteingang zur Internationalen Automobil Ausstellung in Frankfurt blockiert und den Autokonzernen und ihrer Lobby die rote Karte gezeigt.
Zeitgleich kamen 1500 Feminist*innen aus 30 Ländern zum Feminist Futures nach Essen. Hier wurde über die Ausrichtung der feministischen Bewegung und deren Internationalisierung diskutiert und weiter voran gebracht.
Der Widerstand und die Hartnäckigkeit der Geflüchteten und MigrantInnen sowie der unterschiedlichen Akteure für Seenotrettung und offene Häfen hat in den letzten Wochen erreicht, dass das Roll Back im zentralen Mittelmeer gestoppt werden konnte. Zur Zeit tun sich wieder neue Handlungsmöglichkeiten auf – From the Sea to the Cities! Sechs Rettungsschiffe sind zurück im Einsatzgebiet vor Libyen, Seehofer und andere EU-Innenminister sehen sich aktuell gar zu Zugeständnissen bei der Aufnahme und Verteilung der Geretteten und Gestrandeten genötigt.
„Trotz Kriminalisierung und Repression – für den Auf- und Ausbau der Infrastrukturen für Bewegungsfreiheit und gleiche Rechte für Alle“. Mit diesem Ansatz hatten sich im Juli über 500 AktivistInnen aus ganz Europa sowie Nord-, West und Zentral-Afrika zu einem gemeinsamen „Transborder Summer Camp“ in Frankreich getroffen. Die erwünschte gegenseitige Ermutigung gelang bestens und die Vielfalt und Kontinuität der alltäglichen praktischen Kämpfe steht für einen Prozess, der sich in den letzten Jahren entlang aller Flucht- und Migrationsrouten nach und in Europa enorm ausgeweitet hat.
Über 40.000 TeilnehmerInnen auf der Unteilbar-Demonstration im August in Dresden, davon 10.000 in einem bunten und lauten Power Parade Block gegen Rassismus und Faschismus. Eine gelungene Mobilisierung insbesondere in Sachsen, und „ein Tag ohne Angst“, wie es eine Aktivistin von We`ll Come United aus Chemnitz so treffend ausdrückte.
Fünf aktuelle Schlaglichter, die Mut machen und Hoffnung geben, dass wir dem Rechtsruck und den autoritären und populistischen Formierungen keinesfalls tatenlos gegenüberstehen. Soziale Bewegungen haben eine gewachsene Massenbasis, umkämpfte Räume in vielen Feldern. Aber machen wir uns nichts vor, die Polarisierung der Gesellschaften nicht nur in Deutschland geht weiter. Das zeigen uns nicht zuletzt die Wahlergebnisse in Sachsen und Brandenburg. Wir stehen überall vor großen weiteren Herausforderungen, aber wir müssen uns mit unserem Pol für eine klimagerechte, offene und soziale Gesellschaft mitnichten verstecken.
Insofern kommt die Strategiekonferenz vom 18. bis 20. Oktober, die wir bereits im letzten Rundbrief beworben haben, zum passenden Zeitpunkt. „Zusammen Wirksam!“ lautet der Titel des Zusammenkommens, zu der die Bewegungsstiftung nach Berlin einlädt. Aus der Ankündigung: „Gemeinsam mit vielen Aktivist*innen aus verschiedensten Bewegungen schaffen wir einen gemeinsam Denkraum – zum bewegungsübergreifenden Austausch, um voneinander zu lernen, zur gemeinsamen Reflexion und zum Pläne schmieden. Wir legen den Fokus auf wirksame strategische Ansätzen im politischen Handeln und die Bündelung unserer Kräfte.“ (siehe http://www.bewegungskonferenz.de/worum-gehts.html und noch ein paar letzte Plätze sind frei zur Anmeldung).
Ein Teil dieser Konferenz wird von unserer Initiative und mit den Fragestellungen von „In welcher Gesellschaft wollen wir leben?!“ gestaltet. Geplant ist – im Wechsel von Klein- und Großgruppendiskussionen – den bewegungsübergreifenden Suchprozess zu vertiefen, sowohl im konzentrierten Austausch spezifischer Themenfelder wie auch mit Debatten zu Herausforderungen, die uns alle betreffen. Wir initiieren also Cross-Over-Diskussionen verbunden mit der Frage, wie wir u.a. die oben genannten sozialen Bewegungen stärker miteinander verschränken können.
Die (Zwischen-) Ergebnisse dieser Konferenz werden wir möglichst umfangreich dokumentieren und zum Ansatz dessen machen, was 2020 bei „In welcher Gesellschaft …?!“ im Fokus stehen wird: Verknüpfungsprozesse! Wir halten diese für entscheidend, wenn wir uns gegenseitig stärkend weiterkommen wollen in Richtung einer sozial-ökologischen Transformation.
Mit besten Grüßen
aus dem kleinen Koordinierungskreis
von „In welcher Gesellschaft wollen wir leben?!“